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Hinter den Kulissen


12. Oktober 2022

Landesbischof konstatiert Bildungsauftrag des Theaters

BAUTZEN – Landesbischof Tobias Bilz besuchte am 12. Oktober 2022 das Deutsch-Sorbische Volkstheater Bautzen. Er kam dort mit Mitarbeitenden des Kulturbetriebs über anstehende Inszenierungen und die Situation des Theaters in der aktuellen gesellschaftlichen Lage ins Gespräch. Dieser „Betriebsbesuch“ ist für ihn nach vergangenen Besichtigungen von sächsischen Produktions- und Dienstleistungsunternehmen das erste Treffen im Format mit Kulturschaffenden im Theaterbereich.

Mit dem Besuch des Volkstheaters in Bautzen verband sich zugleich eine Würdigung und Anerkennung für das alte und reiche sorbische Volkstum im Lande, das maßgeblich auch die kirchliche Situation der Gemeinden in der Oberlausitz prägte und prägt. Dem trägt bis heute der sorbische Superintendent Rechnung, der in der Person von Pfarrer Christoph Rummel aus Göda, ebenfalls an der Besuchergruppe teilnahm.

Der Theater-Intendant Lutz Hillmann begrüßte die Gäste im großen Haus und stellte die Einmaligkeit des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters Bautzen in seiner künstlerischen Prägung und Konzeption dar. Das dreisprachige Theater schaue auf eine über 600-jährige Theatertradition zurück und beherberge heute als einziges bikulturelles Berufstheater Deutschlands ein Schauspiel- und ein Puppentheaterensemble. Damit sei es ein Unikat. Standorte sind das große Haus an der Seminarstraße und das Burgtheater in der Ortenburg.

Hillmann verwies zudem auf die Fahrten der Ensembles in die Niederlausitz sowie in die Dörfer der umliegenden Gegend. Man fahre bewusst zu den Menschen, denn eine Konsequenz aus Corona-Lockdown und der häuslichen Bezogenheit sei die zunehmende „Trägheit“ der Gesellschaft. Er erkenne eine klare Zäsur in der wirtschaftlichen Situation und der Mentalität der Menschen. Sie wieder zu gewinnen und zu bewegen sei eine Herausforderung. „Wir geben nicht auf“, so der Intendant.

Zum Landesbischof gerichtet, sagte er, dass Schauspieler, Pfarrer und Lehrer mit ihrer Begabung, ihrer jeweiligen Bestimmung und Persönlichkeit durchaus ähnlich seien. Sie würden auch Dinge jenseits des Fassbaren ansprechen. Menschen würden merken, dass scheinbar einfache Lösungen von Problemen an Grenzen stießen. Hillmann kritisierte die heutige Informationsflut, die Menschen überfordere in der Einordnung und Bewertung. Irrelevante Dinge und Themen bekämen einen Stellenwert, der den Blick auf Kausalitäten verstelle.

Landesbischof Bilz fragte nach Leitbildern hinsichtlich des Theaters und dessen Besuchern. „Wir stellen nicht die Welt auf die Bühne, wie sie ist, sondern wie sie sein sollte“, sagte Hillmann. Dabei spielten individuelle Emotionen eine Rolle. Unsere Erfahrungen bilden unsere Vorstellungskraft, woraus wir leben. Der Intendant ergänzte, dass das Theater eine kollektive Kunst sei. Im Zusammenleben von Deutschen und Sorben sei man ein Labor. Das Umgehen mit Nationalität in dieser Form erlaube keine Pauschalierungen. Auseinandersetzungen seien sachbezogen und dienten dem gemeinsamen Ziel. Aus dem Gesagten leitete der Landesbischof durchaus einen Bildungsauftrag ab.

Beim anschließenden Besuch einer Probe zum Stück „Frauensache“, dass am 28. Oktober aufgeführt wird, zeigten drei Schauspielerinnen eine Konfliktsituation zwischen einer schwangeren Frau, einer Ärztin und einer Hospitantin, die die Arztpraxis übernehmen sollte. Beim Thema Schwangerschaftsabbruch schieden sich die Geister und unterschiedliche Positionen trafen konfrontativ über die verunsicherte Person der Ratsuchenden herein.

Die Kontroverse wurde im anschließenden Gespräch zwischen Schauspielerinnen, Regisseur Stefan Wolfram und der Besuchsgruppe aufgegriffen. Anerkannt wurde hinsichtlich dieser Szene, dass die Konfliktsituation der Frau deutlich wurde sowie die gleichgewichtige Darstellung der Sicht auf das werdende Leben sowie die Sicht auf die Frau.
Fragen an Darstellerinnen drehten sich um die Persönlichkeit und die individuelle Prägung gegenüber der zu spielenden Figur. Dabei stellten die Akteure klar, dass es Ziel der Ausbildung sei, das Spektrum der Rollen so breit wie möglich zu erweitern. Es gebe keine Festlegung auf bestimmte Charaktere.

Im anschließenden Hausrundgang wurde vom Cheftechniker Christian Herrmann die Bühnentechnik erläutert. Es ging die schmalen und steilen Metalltreppen auf und ab mit Ausblick von den oberen Beleuchtungsanlagen und Aufzügen der Vorhänge in 15-Meter Höhe. Erklärt wurde die Funktion des Eisernen Vorhangs sowie die Sprinkleranlage. Besucht wurden Requisite, Proben- und Aufenthaltsräume, Magazine und der Verwaltungstrakt. Eine komplexe und aufeinander abgestimmte Maschinerie zeitlich vor und während der Aufführungen hinter den Kulissen.

Begleitet wurde der Landesbischof von Mitarbeitenden der Bischofskanzlei und dem Gebietsdezernenten, dem Bautzner Superintendenten Tilmann Popp und seinem Stellvertreter Pfarrer Michael Ramsch sowie dem Diakonie-Vorstand Alexander Jesinghaus (Bautzen). Von der Männerarbeit und dem Arbeitszweig Handwerk und Kirche nahmen der Obmann Johannes Rösch und der Reisesekretär der Männerarbeit, Karsten Schriever, teil.

Der Besuch des Theaters durch den Landesbischof zählt zu den traditionellen Kontakten von kirchlichen Verantwortungsträgern zur Arbeitswelt und soll dem Erfahrungsaustausch von Mitarbeitenden in Arbeitswelt und Kirche dienen. Die Organisatoren der Männerarbeit achten dabei auf ein breites betriebliches Spektrum – im vergangenen Jahr galt der Besuch dem EDEKA-Logistikzentrum Berbersdorf.

Deutsch-Sorbischen Volkstheaters Bautzen

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