Kirchenmusik

Orgeln

Silbermann - Jahn - Kreutzbach: Eine große Zahl historischer Orgeln prägen heute das Bild der Orgellandschaft Sachsen und ziehen jedes Jahr Liebhaber aus aller Welt an. Für Restaurierung und Bestandspflege sorgen die Orgelsachverständigen der Landeskirche.

Orgeltradition in Sachsen

Orgeln sind in sächsischen Kirchen seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert nachweisbar. Aufgrund sich wandelnder liturgischer und musikalischer Anforderungen, aber auch von Verlusten durch Brände, Kriege und nicht zuletzt den Braunkohletagebau stammen die ältesten, mehr oder weniger vollständig erhaltenen Instrumente erst aus dem letzten Drittel des 17. Jahrhunderts.
Ihrer hohen Qualität und einem frühzeitig einsetzenden denkmalpflegerischen Bewusstsein ist dennoch der Erhalt einer großen Zahl historischer Orgeln zu verdanken. Diese prägen heute das Bild der Orgellandschaft Sachsen und ziehen jedes Jahr Liebhaber aus aller Welt an.

Von den 1450 Orgeln in den Kirchen der Sächsischen Landeskirche entstanden 80 im 18. Jahrhundert, 602 im 19. Jahrhundert und weitere 364 zwischen 1900 und 1945. Die meisten davon wurden in den letzten Jahrzehnten restauriert und befinden sich in einem sehr guten Zustand.


Trotz allen Wandels in der Geschichte liegt den meisten Instrumenten eine typische Form zugrunde, die von dem bedeutendsten der hier wirkenden Orgelbauer geprägt wurde: Gottfried Silbermann erlernte das Handwerk bei seinem älteren Bruder in Straßburg und kehrte 1710 nach Sachsen zurück. In seinem etwa 50 Werke umfassenden Schaffen verband er französische und sächsische Orgelbautraditionen zu einem wenig variablen, aber effizient herstellbaren Typenprogramm. Die außerordentlich hohe handwerkliche Qualität und allen damaligen Anforderungen genügende klangliche Gestaltung dieser Orgeln wurde für seine Schüler ebenso vorbildhaft wie für seine Konkurrenten.

Spätestens um 1830 arbeiteten die meisten sächsischen Orgelbauer sowohl im technischen als auch im klanglichen Bereich nach Silbermanns Prinzipien. Noch um 1900, als sich längst die neuen pneumatischen Systeme durchgesetzt hatten, bot das Hauptwerk vieler Orgeln mit einer lückenlosen Prinzipalpyramide und wenigen zusätzlichen Grundstimmen noch den typischen Aufbau von Silbermanns späten Werken. Lediglich im zweiten Manual, sofern es ein solches gab, hielten die neuen Flöten- und Streicherstimmen Einzug, die das romantische Klangideal des deutschen Orgelbaus dieser Zeit prägten.

Zu den innovativsten sächsischen Orgelbauern des 19. Jahrhunderts gehören Friedrich Nikolaus Jahn, Friedrich Ladegast und Richard Kreutzbach, aber auch zahlreiche weniger bekannte Werkstätten hinterließen qualitativ hochwertige Instrumente.

 

Restaurierung und Bestandspflege

Mit dem Übergang zur industriellen Fertigung etwa ab 1900 reduzierte sich die Zahl der ansässigen Firmen zeitweise auf nur noch vier, die vor allem in den Städten viele große pneumatische Orgeln mit einem grundtönigen, am Orchester orientierten Klang schufen. Sofern sie nicht im zweiten Weltkrieg verloren gingen, wurden diese Instrumente fast ausnahmslos im Zuge der um 1930 einsetzenden Rückbesinnung auf das barocke Klangideal verändert, wobei durchaus interessante Mischformen entstanden.

Die Materialknappheit während des Bestehens der DDR zwang die Kirchgemeinden oft zum Erhalt ihrer in die Jahre gekommenen Orgeln oder zu sehr ökonomisch geplanten Neubauten. Solche Vorhaben sind mittlerweile zur Ausnahme geworden, weshalb die Entwicklung der Orgellandschaft insgesamt als abgeschlossen betrachtet werden muss. Die Herausforderungen der heutigen Zeit liegen in der Restaurierung und Bestandspflege, welche die Kirchgemeinden, mit Unterstützung des Landeskirchenamtes, auf sich nehmen.

Orgeln – Wartung und Bestandspflege

Auch wenn sie nicht gerade „Instrument des Jahres“ sind, wollen die Orgeln in unseren Kirchen aufmerksam und respektvoll behandelt werden, so wie es sich für Königinnen gebührt. Zu den regelmäßig wiederkehrenden Mitteln der Bestandspflege gehören die Wartung, die Inspektion durch einen Orgelsachverständigen und die Ausreinigung. Dazu stellen die Verantwortlichen in den Kirchgemeinden immer wieder Fragen, die auf mehrfachen Wunsch einmal gebündelt beantwortet werden sollen.

Die regelmäßige Wartung technischer Anlagen ist selbstverständlich, oft sogar Voraussetzung für eine Betriebserlaubnis (TÜV). Bei einer Orgel kann besonders nach einer umfassenden Überholung der erreichte Zustand mit der regelmäßigen Wartung langfristig gehalten werden. Erfahrungsgemäß liegt bei den aller 20 bis 25 Jahren fälligen Ausreinigungen der Kostenanteil für Reparaturen deutlich niedriger, wenn die Orgeln regelmäßig gewartet wurden. Die sporadische Beauftragung von Firmen erfolgt oft erst nach Auftreten von Störungen, die bei rechtzeitigem Abstellen der Ursachen hätten vermieden werden können. Von der Vernachlässigung gefährdet sind besonders seltener gespielte Instrumente, während bei Konzertbetrieb die dichte Betreuung durch Fachleute in der Regel auch ohne Vertrag gewährleistet ist. Der Abschluss von Wartungsverträgen ist auch sinnvoll für eine gewisse Verbindlichkeit auf beiden Seiten, nicht zuletzt können die Kosten fest im jährlichen Haushalt eingeplant werden. Der Turnus sollte sich nach der Störanfälligkeit richten, bei den meisten Orgeln genügt eine Wartung alle zwei Jahre und die Nachstimmung lediglich von verstimmten Einzeltönen.

Gerade in größeren Kirchgemeindestrukturen ist dieser Gedanke naheliegend, um den Aufwand für Terminvereinbarungen und Abrechnungen zu reduzieren. Das Anliegen ist berechtigt, aber nicht uneingeschränkt empfehlenswert. Gerade bei jüngeren Instrumenten legen die Erbauerfirmen oft großen Wert darauf, „ihre“ Orgeln als Referenzobjekte in tadellosem Zustand zu erhalten, meist ist die Beauftragung zur Wartung mit einer Garantieverlängerung verbunden. Der Abschluss eines Wartungsvertrags mit einer anderen Firma würde nicht nur zum Garantieverlust führen, sondern wäre, solange kein triftiger Grund vorliegt, auch einfach unfair. Ähnliches gilt nach Restaurierungen, zumal die ausführenden Firmen die Orgeln dann mit allen Besonderheiten und Tücken kennen. Durch Restaurierungen und Instandsetzungen haben Firmen oft spezielle Erfahrungen mit den Bauweisen bestimmter historischer Orgelbauer oder pneumatischer Systeme, die auch bei der Empfehlung von Firmen für Baumaßnahmen durch die Orgelsachverständigen beachtet werden. Es wäre unklug, diese besonderen Kompetenzen nicht auch beim Abschluss von Wartungsverträgen zu berücksichtigen. Die Zusammenarbeit mit mehreren Firmen bietet den Kirchgemeinden zudem den Vergleich von Qualität und Zuverlässigkeit, bei Beanstandungen sollte jedoch zunächst die betreffende Firma die Möglichkeit zur Nachbesserung erhalten. Sind nach Kündigungen oder für bislang ungewartete Orgeln Verträge neu abzuschließen, kann natürlich eine Bündelung von Verträgen mit wenigen Firmen angestrebt werden. Als positiver Effekt wird sich dabei eine Art Budgetdenken einstellen, indem Firmen, die in einer Kirchgemeinde für mehrere Orgeln ein gewisses Stundenkontingent eingeplant haben, dieses je nach erforderlichem Aufwand flexibel einsetzen können.          

Wie in Heizkörpern setzt sich der bewegliche Staub besonders dort ab, wo Luft bewegt wird, verengt Querschnitte und behindert die Strömung. Besonders kleinere Pfeifen werden unmerklich immer leiser und tiefer, die Orgel verliert an Klangkraft und durch häufiges Höherstimmen wird die Stabilität der Pfeifen aus weichen Zinnbleilegierungen verschlissen. Gröbere Partikel wie herabrieselnder Putz oder Tierkadaver (von der Fliege bis zur Schleiereule) lassen Pfeifen verstummen oder verursachen Heuler, wenn sie auf Ventilflächen gelangen. Empfohlen wird deshalb eine Reinigung aller 20 bis 25 Jahre, doch das Staubaufkommen in Kirchen ist sehr unterschiedlich. Der meiste Staub wird in Form kleinster Textilfasern eingetragen, steht also in Zusammenhang mit der Zahl von Besuchern und Veranstaltungen. Besonders in touristisch stark frequentierten Kirchen ist deshalb oft schon alle 10 bis 15 Jahre eine Ausreinigung notwendig. Nachteilig ist auch die Heizung, da in trockener Luft der Staub mobiler ist und aus dem Kirchenschiff bis in die unzugänglichsten Winkel getragen wird. Nach Baumaßnahmen im Innenraum ist trotz Schutzmaßnahmen oft eine Reinigung der Orgel notwendig und sollte mit eingeplant werden, zum Beispiel gleich beim Abbau der Einhausung durch den Orgelbauer. Mit der Ausreinigung sind meist kleinere Reparaturen und der Ersatz verschlissener Polster und Dichtungen in der Mechanik sowie eine Nachintonation verbunden.  

Oft wird einer der von der Landeskirche ernannten Orgelsachverständigen nur geholt, wenn eine größere Baumaßnahme an der Orgel ansteht und dafür eine Beihilfe der Landeskirche beantragt werden soll. In diesem Fall ist die Stellungnahme tatsächlich unerlässlich, nach der Orgelverordnung der Landeskirche ist ein Orgelsachverständiger jedoch immer einzubeziehen, wenn Arbeiten geplant werden, die zu einer technischen oder klanglichen Veränderung führen. Der Orgelsachverständige beschreibt in einem Gutachten den vorgefundenen Zustand und die nach seiner Einschätzung notwendigen Arbeiten, empfiehlt nach Auswertung der Angebote eine Firma und betreut die Durchführung bis zu Abnahme und Rechnungslegung.

Seit einigen Jahren wird im Rahmen einer Kirchgemeindevisitation durch den Superintendenten ein Orgelsachverständiger beauftragt, alle Orgeln zu besichtigen und auf etwaigen Handlungsbedarf und mögliche Gefährdungen hinzuweisen, wie Schimmel oder Holzwurmbefall. Aus einer solchen Bestandsaufnahme ergibt sich für die Kirchgemeinden ein Arbeitsplan, welche mehr oder weniger dringlichen Maßnahmen zum Schutz und Erhalt der Orgeln notwendig sind. Pandemiebedingt fanden in den vergangenen beiden Jahren kaum Visitationen statt, ein Orgelsachverständiger kann aber auch unabhängig davon beauftragt werden. Gerade in großen neuen Kirchgemeindestrukturen besteht oft der Wunsch, einen Überblick über alle Instrumente und deren Zustand zu erhalten. Für alle Instrumente, deren letzte Besichtigung durch einen Orgelsachverständigen länger als fünf Jahre zurücklegt, übernimmt die Landeskirche die Kosten eines solchen Erstgutachtens. Empfohlen wird eine Begutachtung wenigstens alle 10 bis 15 Jahre, was unter normalen Umständen durch die Verbindung mit den Kirchgemeindevisitationen erreicht würde. Auch vor dem Abschluss eines Wartungsvertrags, sofern sich dieser nicht unmittelbar an eine Orgelbaumaßnahme anschließt, ist eine Begutachtung ratsam, um einen etwaigen Sanierungsstau festzustellen und die notwendigen Wartungsintervalle einzuschätzen.


Tobias Haase
Fachbeauftragter für das Orgelwesen


Lukasstraße 6
01069 Dresden

Telefon: 0351 4692-216
Fax: 0351 4692-109
E-Mail:

Veranstaltungsreihe "Sächsische Orgeln"

Bedeutende historische Orgeln locken jedes Jahr Kenner und Liebhaber aus aller Welt in sächsische Kirchen.

Landeskirchenmusikdirektor Markus Leidenberger und der Fachbeauftragte für Orgelwesen, Tobias Haase, haben dies zum Anlass genommen, um der Veranstaltungsreihe "Sächsische Orgel des Monats" kleinere, unbekanntere, kaum je in Konzerten oder auf CDs erklingende Instrumente vorzustellen

Damit möchten sie auf den klanglichen und gestalterischen Reichtum der sächsischen Orgellandschaft aufmerksam machen.

Auch im Jahr 2020 finden wieder zahlreiche Festgottesdienste und Konzerte statt, zu denen der Landeskirchenmusikdirektor die Kirchgemeinden besuchen und an den Orgeln spielen wird.


Übersicht "Sächsischer Orgeln des Monats"

OrtOrgelSteckbrief
AdorfAlfred Schmeisser 1909 II/P 22Steckbrief
BockelwitzGottlieb Entzemann 1797/98 I/P 11Steckbrief
Brandis-PolenzConrad Geißler 1878 II/P  13Steckbrief
Bischheim Friedrich Nikolaus Jahn 1858 II/P 21Steckbrief
Brünlos Johann Kralapp 1873 I/P 10Steckbrief
ConstappelEberhard Friedrich Walcker & Cie., 1886 II/P 13Steckbrief
DewitzDaniel Mauer um 1800 I/P 7Steckbrief
EschefeldEmil Wiegand 1861 II/P 15Steckbrief
Gahlenz Christian Friedrich Göthel 1869 II/P 17Steckbrief
Glauchau-Gesau Gotthilf Bärmig 1878 II/P 16Steckbrief
Großschirma Carl Eduard Schubert 1883/84 II/P 15Steckbrief
Härtensdorf Urban Kreutzbach 1846 II/P 16Steckbrief
HinterhermsdorfSamuel Heinrich Herold 1846 II/P 20Steckbrief
Höckendorf Johann Christian Pfützner 1754 I/P 10Steckbrief
HöfgenJohann George Friedlieb Zöllner 1803 I/P 11Steckbrief
KleinhartmannsdorfGuido Hermann Schäf 1887 II/P 14Steckbrief
KlixHermann Eule, 1893 II/P 22Steckbrief
LangenauDaniel August Zachert 1840 II/P 19Steckbrief
LangenwolmsdorfWilhelm Leberecht Herbrig, 1844 II/P 20Steckbrief
Leubnitz Johann Friedrich Heidenreich 1828 II/P 19Steckbrief
Lugau Oskar Ladegast 1906 II/P 36Steckbrief
MittelsaidaJohann Ernst Hähnel 1725 I/P 12Steckbrief
MühltroffJohann Christian Rebhuhn 1822 II/P 21Steckbrief
Naunhof Gottlob Heinrich Nagel 1831/1866 II/P 16Steckbrief
OberneuschönbergGebrüder Poppe 1876 II/P 21Steckbrief
RaschauChristian Gottlob Steinmüller, 1849 II/P16Steckbrief
ReinsbergFriedrich Gotthelf Pfützner 1832 I/P 14Steckbrief
RosenthalEduard Offenhauer 1862 II/P 14Steckbrief
SachsgrünGeorg Christoph Hofmann 1827 II/P 15Steckbrief
SchnarrtanneErnst Röver um 1900 I/P 7Steckbrief
SchwetaFranz Emil Keller 1887 II/P 8Steckbrief
SeelingstädtEmil & Bruno Jehmlich, 1898 II/P 12Steckbrief
SkassaJohann Christian Pfennig 1758 I/P 11Steckbrief
Sohland a. Rotstein  Carl Friedrich Ferdinand Buckow 1845 II/P 21Steckbrief
Stangengrün Johann Jacob Schramm 1769 I/P 17Steckbrief
Trages Carl David Beyer 1824 I/P 15Steckbrief
WaldkirchenA. Schuster & Sohn 1907 II/P 27Steckbrief
WaltersdorfJohann Gottlieb Tamitius 1766 II/P 18Steckbrief
Wellerswalde Schmidt & Berger 1908 II/P 12Steckbrief
Wittgendorf Julius Jahn 1869 II/P 23Steckbrief
WürschnitzChristian Friedrich Raspe 1870 II/P 12Steckbrief

Orgeldatenbank ORKASA

In der sächsischen Landeskirche gibt es knapp 1.500 Orgelinstrumente, vom Positiv bis hin zur großen Domorgel. Mit der Orgeldatenbank ORKASA haben Orgelliebhaber die Möglichkeit, sich einen Überblick über die Vielfalt der sächsischen Orgellandschaft zu verschaffen.

Die Datenbank enthält umfangreiche Informationen zu Dispositionen, Veränderungen und orgeltechnische Daten. Eine Suchfunktion lässt Recherchen in großem Umfang zu.

Link zur Orgeldatenbank ORKASA

Zum 01.03.2020 wurde die Orgeldatenbank (ORKASA) umgestellt, sodass die Oracle Java nicht mehr erforderlich ist. Voraussetzung zur Nutzung der Datenbank ist ab sofort die Installation der sellyApps unter diesem Downloadlink. Bitte wählen Sie die für Ihr Betriebssystem geeignete Variante und folgen Sie der Installationsanleitung.

Für Experten: Erweiterte Zugangsberechtigung

Fachleute, die tiefer in die Materie eindringen möchten, können eine erweiterte  Zugangsberechtigung schriftlich beim Landeskirchenamt (Orgelwesen) beantragen.

Wenn dem Antrag stattgegeben wird, kann ein Leserecht vergeben werden.

Die Zugangsberechtigung wird personenbezogen erteilt. Institutionen als Ganzes können keine Zugangsberechtigung erhalten.

Hinweise auf Fehler in den Daten können dem Landeskirchenamt, Herrn Tobias Haase,  E-Mail: Tobias.Haase@evlks.de, gemeldet werden.

Die Datenbank wird regelmäßig aktualisiert.

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