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Neubau des Landeskirchlichen Archivs feierlich eingeweiht


07. Juni 2022

DRESDEN – In Dresden-Coschütz/Gittersee (Stuttgarter Straße 16) wurde am 7. Juni 2022 das neue Landeskirchliche Archiv eröffnet und eingeweiht. In dem neu errichteten Gebäude werden künftig die Archivbestände der Landeskirche, der Kirchenbezirke und vieler Kirchgemeinden zusammengefasst und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Für alle sächsischen Kirchgemeinden gibt es damit erstmals die Möglichkeit, ihr Archivgut als Depositum abzugeben. Neben der Gewährleistung der öffentlichen Zugänglichkeit hatten viele Kirchgemeinden in der Vergangenheit die Schwierigkeit, eine fachgerechte Unterbringung des Archivgutes vor Ort sicherzustellen.

„Archive bieten einen Blick in das Leben früherer Generationen.“, so Antonia Ellke, die im Landeskirchenamt als Referentin für das Archivwesen zuständig ist, im Vorfeld der Eröffnung. „Mit dem Landeskirchlichen Archiv bewahren wir nicht nur Kirchengeschichte, sondern machen auch einen wichtigen Teil sächsischer Geschichte für die Allgemeinheit zugänglich.“ In Kirchenbüchern und Kirchgemeindearchiven fänden sich ganze Orts- und Familiengeschichten wieder, die nirgends sonst erhalten seien, ergänzt sie. „Wir freuen uns nunmehr die Möglichkeit zu haben, diese historisch bedeutsamen Zeitzeugnisse in klimatisch adäquaten Räumlichkeiten für die Nachwelt zu bewahren“. Interessierten Besucherinnen und Besuchern werde in den neuen Räumen ein großzügiger Öffentlichkeits-bereich mit optimalen Nutzungsbedingungen für das Einsehen und die Auswertung des Archivgutes geboten, betont Ellke.

Andacht und Grußworte zur Einweihung des Landeskirchlichen Archivs

Mit einer Andacht und Grußstunde wurde das Landeskirchliche Archiv am Nachmittag des 7. Juni feierlich eingeweiht. Landesbischof Tobias Bilz zitierte zu Beginn einen Bibelvers, der auch über dem Archiv der Herrnhuter Brüderunität zu lesen ist: "Gedenke der vorigen Zeiten und hab acht auf die Jahre von Geschlecht zu Geschlecht. Frage deinen Vater, der wird dir's verkünden, deine Ältesten, die werden dir's sagen." (5. Mose  32,8).
Damals, so Bilz, habe es noch keine Archive gegeben und es musste alles mündlich überliefert werden. Der Vers mache die Dimensionen des Glaubens deutlich. Zum einen sei der Glaube unabhängig vom Moment, er habe eine ewige Dimension und verbinde Generationen miteinander. Zum anderen sei das Christentum nicht auf eine Nation beschränkt, sondern verbinde Menschen weltweit miteinander. Beide Dimensionen seien im Archiv zu finden. Glaube habe schon in früheren Zeiten Menschen getragen und gestärkt und in heutigen Zeiten der Ungewissheit könne man auf diese Glaubenserfahrungen voriger Generationen zurückgreifen. Unser Glauben und unsere Kirche lebe von "Bewegen und Bewahren" - beides habe Bedeutung. Er wünsche sich, dass das Landeskirchliche Archiv ein Erinnerungsort werde, an dem christliche Traditionen bewahrt und neu in Erinnerung gerufen werden können. 

Präsident Hans-Peter Vollbach erinnerte anhand eigener Erfahrungen aus einem Pfarrhaus daran, wie schwierig und herausfordernd die fachgerechte Aufbewahrung von Archivgut für viele Kirchgemeinden war und ist. Gleichzeitig machte er am Beispiel einer Friedhofsordnung deutlich, wie kirchliches Recht tradiert, aber auch verändert wurde - beides sei nur durch den Erhalt der Schriftstücke aus früherer Zeit für uns heute nachvollziehbar. Präsident Vollbach dankte allen, die zum Bau des Landeskirchlichen Archivs beigetragen haben und allen, die nun zukünftig für die Belebung dieses Gebäudes sorgen werden. Auch die Leiterin des Landeskirchlichen Archivs, Kristin Schubert, begann ihr Grußwort mit einem Dank. Sie dankte der 27. Landessynode, die 2016 den Bau des Archivs beschlossen und 2019 seiner Erweiterung zugestimmt hatte. Weiter dankte sie dem Architekturbüro und den Baufirmen, die den Bau realisiert haben, sowie den Mitarbeitenden im Landeskirchenamt, die den Bau und Umzug begleitet haben. Im Konzept sei das Archiv als ein "Ort der Bewahrung und ein Ort der Fokussierung auf das Wesentliche" gedacht worden, seine äußere Form sei einer Schatztruhe nachempfunden. In dieser werde nun das wertvolle Schriftgut aufbewahrt und zugänglich gemacht - angefangen von Schätzen wie der Leisniger Kastenordnung (die älteste evangelischen Kirchen- und Sozialordnung von 1523), der Totenmaske von Landesbischof Ludwig Ihmels, einem Film über den Trauerzug zur Beerdigung von Landesbischof Hugo Hahn bis hin zu den Digitalisaten der Kirchenbücher, welche insbesondere für Familienforscher weltweit von Interesse seien. 

In Vertretung für alle an Planung und Bau beteiligten Gewerke sprach Carsten Otto vom Architekturbüro O+M Architekten ein Grußwort, in dem er nochmals das Konzept des Baus erläuterte. So habe man sich intensiv mit dem Ort und dem Zweck des Gebäudes beschäftigt. Mitten im Dresdner Gewerbegebiet sollte ein Ort der Ruhe, des Schutzes und der Fokussierung auf das Wesentliche entstehen. Das massive Gebäude solle optisch, symbolisch und real Schutz bieten, der Lesesaal mit dem Blick in die Landschaft des Kaitzgrundes für Ruhe und Konzentration sorgen. Die eigentlichen Archivräume seien das Herzstück des Hauses, welche besonderen klimatischen und baulichen Anforderungen entsprechen mussten. Er dankte allen an Planung und Bau beteiligten Gewerken und den Mitarbeitenden im Landeskirchenamt und im Archiv für die gute und erfolgreiche Zusammenarbeit. 

Für den Verband kirchlicher Archive gratulierte Dr. Wolgang Krogel der sächsischen Landeskirche zur Eröffnung des Landeskirchlichen Archivs und betonte die Bedeutung von Archiven, weil das kulturelle Erbe stets gefährdet sei. Die sächsische Landeskirche habe dies 1945 schmerzlich erfahren müssen, als ein Teil des Archivgutes beim Bombenangriff auf Dresden vernichtet wurde. Mit dem nun eröffneten Landeskirchlichen Archiv habe man Vorkehrungen getroffen um das wertvolle Archivgut für kommende Generationen zu bewahren. 

Zum Schluss wurde der Vortrags-, Sitzungs- und Begegnungsraum im Landeskirchlichen Archiv nach der verdienten Kirchenhistorikerin Ingetraut Ludolphy (1921-2014) benannt. Der theologische Grundsatzdezernent OLKR Dr. Thilo Daniel begründete diese Namensgebung mit dem Leben und Wirken von Ingetraut Ludolphy, deren Nachlass im Archiv aufbewahrt werde. Sie sei eine kluge und herausfordernde Persönlichkeit gewesen. Ihre Biografie zeige, dass die Beschäftigung mit Geschichte zu einer Haltung in der Gegenwart führe. Aufgrund ihrer Veröffentlichungen und ihres Wirkens durfte Ingetraut Ludolphy in der DDR nur eingeschränkt als Dozentin arbeiten und war mit erheblichem politischen Druck konfrontiert. Nach ihrer Flucht aus der DDR lehrte sie als Professorin u.a. in Erlangen und Tübingen Kirchengeschichte und Konfessionskunde. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie in Dresden. Die von Ingetraut Ludolphy gegründete Prof.-Ludolphy-Stiftung unterstützt die Erziehung und Bildung insbesondere am Evangelischen Kreuzgymnasium in Dresden. 

Hintergründe zu Planung und Bau des Landeskirchlichen Archivs

Auf der Grundlage eines Beschlusses der Landessynode vom 13. November 2016 wurde das Landeskirchliche Archiv ab März 2018 zunächst nur für die Unterbringung von zehn laufenden Kilometern Archivgut geplant. Der Entwurf des Gebäudes stammt von dem Architekturbüro O+M Architekten aus Dresden. Die Architekten hatten den vorausgegangenen Wettbewerb gewonnen und konnten ihren Entwurf auch Dank der engagierten Arbeit der vorrangig regionalen mittelständischen Baufirmen im geplanten Budget in hoher Qualität umsetzen.

Nach dem Baubeginn und der Grundsteinlegung am 4. Juli 2019 beschloss die Landessynode im November 2019 nach intensiver Beratung die Erweiterung des Archivs für weitere dreizehn Kilometer Archivgut und auch historische Bibliotheken im Rahmen des aktuellen Bauvorhabens. Hintergrund dafür war, dass bereits zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen werden konnte, dass eine große Zahl an Kirchgemeinden ihre Archivbestände in das zentrale Archiv abgeben wollte. Der Baubeginn für den zweiten Bauabschnitt erfolgte im Frühjahr 2020.

Neustrukturierung der Aufgaben des Landeskirchlichen Archivs

Das neue Landeskirchliche Archiv bietet die Kapazität für insgesamt 23 laufende Kilometer Archivgut. Neben den Archivbeständen des bisherigen Landeskirchenarchivs im Landeskirchenamt werden sukzessive weitere Archivbestände von Kirchgemeinden und Kirchenbezirken in die neuen Magazinräume überführt.

Im Zusammenhang mit der Errichtung des Landeskirchlichen Archivs wurde mit der  "Rechtsverordnung zur Neuregelung des Archivwesens in der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens" vom 23. Februar 2021 auch eine Umstrukturierung der Organisation des Archivwesens vorgenommen und die Zuständigkeiten und Aufgaben des Landeskirchlichen Archivs neu geregelt. Zu den Kernaufgaben des Landeskirchlichen Archivs gehören u.a. die Übernahme, Aufarbeitung und Bereitstellung der einzelnen Bestände für die Benutzung durch Dritte, die Koordination der Sicherungsverfilmung der Kirchenbücher, die Öffentlichkeitsarbeit, aber vor allem auch die Archivberatung für Kirchgemeinde- und Ephoralarchive. Gegenwärtig arbeiten sieben Mitarbeitende im Landeskirchlichen Archiv.

Zahlen und Fakten zum Landeskirchlichen Archiv:

  • Bauzeit: 2 Jahre
  • Bruttogrundfläche: 5.528 m²
  • Umbauter Raum: 19.784 m³
  • Nutzfläche: 4.099 m²
Feierliche Eröffnung
Leiterin Kristin Schubert führt u.a. Landesbischof Tobias Bilz (re.) durch das neue Landeskirchliche Archiv
Architekt Carsten Otto spricht zur Eröffnung
Blick in den neuen Lesesaal | © Till Schuster
Feierliche Eröffnung
Außenansicht | © Till Schuster

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