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Erinnerung in Sachsen an Novemberpogrome vor 80 Jahren


07. November 2018

Gedenkveranstaltungen an früheren Orten jüdischen Lebens

DRESDEN - An zahlreichen Orten in Sachsen gedenken Christen anlässlich des 9. November der Reichspogromnacht vor 80 Jahren und der damals brennenden Synagogen, geschändeter Friedhöfe und zerstörter Geschäfte und Wohnungen in Fortsetzung der systematischen Judenverfolgung unter der Nazi-Herrschaft.

In Dresden erinnert am Freitag, 9. November, die Kirchgemeinde Gruna-Seidnitz mit einer Gedenkveranstaltung an das Novemberpogrom. Ab 19:30 Uhr kommen in der Thomaskirche (Bodenbacher Straße 21) neben jüdischen Gebeten und Musik Texte des im Januar dieses Jahres verstorbenen israelischen Schriftstellers Aharon Appelfeld zur Sprache. Bezogen auf die Reichspogromnacht und die damalige Verschleppung der jüdischen Bürger beginnt am 11. November um 11:00 Uhr an der Gedenktafel an der Kreuzkirche der „Weg der Erinnerung“. Die Teilnehmenden begeben sich mit dem Fahrrad auf die Spuren jüdischen Lebens in der Stadt und erkunden, was die willkürliche Verhaftung jüdischer Männer, Zerstörungen jüdischer Geschäfte und der Synagoge für die Menschen brachte.

Organisiert und aufgerufen haben die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, die Katholische Dekanatsjugend Dresden, das Evangelische Stadtjugendpfarramt Dresden, die Jugend der Jüdischen Gemeinde Dresden und die „Aktion Sühnezeichen“.
In der Dresdner Frauenkirche bringt am Freitagabend um 20:00 Uhr der Dresdner Kammerchor ein Gedenkkonzert zum 80. Jahrestag der Reichspogromnacht u.a. mit einer Uraufführung des amerikanischen Komponisten Samuel Adler zu Gehör.

In Leipzig beginnen die Gedenken an die Opfer der Pogrome im November 1938 mit einer Gedenkdemonstration am 8. November um 18:30 Uhr am Ariowitschhaus (Hinrichsenstraße 14). Die Initiative 9. November mit Beteiligung der Jüdisch-Christlichen Arbeitsgemeinschaft, der Aktion Sühnzeichen/Friedensdienste u.a., macht Station an verschiedenen Gedenkorten in der Leipziger Innenstadt. Den Endpunkt markiert der Ort der zerstörten Synagoge (Ecke Gottschedstraße/Zentralstraße). Tags darauf am Freitag um 9:30 Uhr gedenkt die Stadt Leipzig an diesem Ort der zerstörten Synagoge. Als Teilnehmer werden u.a. Ministerpräsident Michael Kretschmer und Oberbürgermeister Burkhard Jung erwartet. Danach gibt es verschiedene Veranstaltungen des Erich-Zeigner-Hauses (Dittrichring 13). Am Abend des 9. November um 18.00 Uhr findet in der Thomaskirche die Motette statt. Musikalisch wird sie gestaltet von Thomasorganist Ullrich Böhme und dem Thomanerchor Leipzig unter Leitung von Thomaskantor Gotthold Schwarz.

Am Sonntag, 11. November, wird um 18:00 Uhr zu einem Gottesdienst zum Gedenken an die Reichspogromnacht mit Professor Dr. Rainer Kampling, FU Berlin, Thomasorganist Ullrich Böhme, Orgel, und dem Leipziger Synagogalchor in die Thomaskirche eingeladen.
Davor um 17:00 Uhr erklingt in der Michaeliskirche das Große Konzert der Friedenskantorei mit dem Requiem von A. Schnittke und Mozarts Requiem d-Moll.

In Chemnitz findet am 9. November um 18:00 Uhr ein Shabbatgottesdienst mit anschließendem Essen und Begegnung im Jüdischen Gemeindezentrum (Stollberger Str. 28) statt. Es ist eine gemeinsame Veranstaltung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und des Evangelischen Forums Chemnitz.
Auch in anderen Städten Sachsen wird an die Reichspogromnacht erinnert. In Zwickau wurden Geschäfte und Wohnungen verwüstet, der dortige Betsaal der jüdischen Gemeinde und die Trauerhalle wurden in Brand gesteckt und alle männlichen erwachsenen Juden verhaftet und ins Polizeipräsidium gebracht. Später erfolgt die Verschleppung ins Konzentrationslager Buchenwald.

Um 15:00 Uhr gibt es eine Gedenkveranstaltung auf dem Jüdischen Friedhof (Schneppendorfer Straße) und danach um 16:00 Uhr ein Gedenken am Georgenplatz (Ehemaliges Polizeipräsidium) zum Jahrestag der Pogromnacht, bevor das Putzen der „Stolpersteine“ beginnt.

Das Verhältnis von Christen und Juden

Aus Anlass des bevorstehenden Pogromgedenkens wurde eine Handreichung an die Gemeinden gegeben, die verschiedene Texte und Themen zusammenfasst, die im Zusammenhang von Christen und Juden seit 1948 veröffentlicht wurden und die den Weg des Dialogs auf verschiedenen Ebenen nachzeichnen. Daraus ist ein vertrautes und versöhntes Miteinander zwischen Christen und Juden erlebbar. Das Thema so weiterhin und verstärkt in die kirchgemeindliche Arbeit einfließen.

Seitens der Landeskirche wird an die Neubesinnung innerhalb des deutschen Protestantismus erinnert, als auf der ersten Tagung der sächsischen Landessynode nach Kriegsende am 17./18. April 1948 eine „Erklärung zur Schuld am jüdischen Volk“ verabschiedet wurde. Während die Stuttgarter Schulderklärung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (18./19. Oktober 1945) den Judenmord nur implizit angesprochen hatte, wurde hier erstmals von einer Mitschuld und Mitverantwortung der Christen und explizit der sächsischen Landeskirche gesprochen. Der „Bruch kirchlicher Gemeinschaft“ mit den Gemeindegliedern jüdischer Herkunft galt als „Verleugnung des Wesens der Kirche“. Zugleich bat das Synodalwort die „jüdischen Mitbürger und Mitchristen“ um ‚Verzeihung‘.
Das Wort der Landessynode wurde als erste Kanzelabkündigung nach dem Krieg in den sächsischen Gemeinden verlesen.

Schauen Sie auch unter: Ökumenische FriedensDekade (11. -21. November)

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