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Landesbischof besuchte landwirtschaftliche Betriebe


19. August 2023

Innovative Erkenntnisse und Methoden im Ackerbau und in der Milchviehanlage

NOSSEN | ROSSWEIN - Jedes Jahr besucht der Landesbischof, organisiert von der Männerarbeit der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens, Betriebe unter verschiedenen thematischen Schwerpunkten. War im vergangenen Jahr, kurz nach dem Ende der Corona-Pandemie, das Deutsch-Sorbische Volkstheater in Bautzen und damit die Kulturarbeit im Fokus, so ging es in diesem Jahr um die unterschiedlichen Formen der Landwirtschaft.  

Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie

Die Besichtigung begann für Landesbischof Tobias Bilz und seine Begleiter in der Abteilung Pflanzenbau des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) in Nossen. Zu den Aufgaben des Landesamtes gehört insbesondere die Überwachung, Förderung, angewandte Forschung, Bildung, Beratung und Berichterstattung. Dazu dient die Arbeit der rund 1.300 Mitarbeitenden in elf Fachabteilungen. Bereits in der Einführung durch Klaus Wallrabe, Abteilungsleiter der Abteilung 7 - Landwirtschaft, wurden die komplexen Herausforderungen deutlich.

Neben den gesellschaftlichen und rechtlichen Anforderungen gelte es die äußeren Rahmenbedingungen wie beispielsweise den Klimawandel als auch die Volatilität der Märkte bei der Weiterentwicklung der Landwirtschaft in Sachsen zu beachten, erläuterte Wallrabe. Aber auch die Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln um 50 Prozent bis zum Jahr 2023 oder das veränderte Verbraucherverhalten sowie Ertragsverluste durch Wassermangel und Bodenerosion durch Starkniederschläge würden die Mitarbeitenden des Landesamtes und die Landwirte gleichermaßen beschäftigen.

Nach einer grundlegenden Einführung in die Arbeitsformen und -felder des Landesamtes ging es dann vom Konferenztisch auf den Acker. Gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des LfULG wurden Landesbischof Bilz, Superintendent Andreas Beuchel (Kirchenbezirk Meißen-Großenhain) sowie Vertreter der Männerarbeit der Landeskirche über die verschiedenen Versuchsfelder geführt. 

Im Außengelände werden in ganz konkreten Versuchsstationen und Prüffeldern Sortenversuche, Pflanzenschutz- und Düngungsversuche wissenschaftlich erprobt, welche Auswirkungen bestimmte Maßnahmen auf die ackerbaulichen Kulturarten in Sachsen haben. Wird beispielsweise eine neue Saat-Sorte durch das Bundessortenamt zugelassen, sei es Aufgabe der Länder zu prüfen, ob diese neue Sorte auch regionale Anbaueignung aufweist, so die Forschungsvertreter.

Im Rahmen von Informationsschreiben und Newslettern sowie bei sogenannten Feldtagen können sich die Landwirte über entsprechende Sorten informieren. Sie würden wissenschaftlich fundierte Aussagen über die jeweiligen Pflanzen und deren Besonderheiten erhalten, auch mit dem Ziel von Einsparpotentialen durch die geringere Verwendung von Pflanzenschutzmitteln.

Das Landesamt bietet neben den hoheitlichen Aufgaben somit auch einen wichtigen Service für die Landwirte in Sachsen. Durch bundesweite Kooperationen werden die Datenbasen regelmäßig erweitert und immer genauere Aussagen möglich.

Das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie veröffentlicht jedes Jahr das Handbuch für Pflanzenschutz in dem die genauen Mengen für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln für die jeweilige Sorte sowie weitere Hinweise enthalten sind. Für viele Landwirte werde dies Handbuch auch als „grüne Bibel“ verstanden. Ein ganz passender Spitzname, beschreibt dieses Handbuch doch auch, wie Leben gelingen kann.

Zudem wurden Themen wie der Umgang und der Einsatz von genetisch verändertem Saatgut und anderer ethischer Fragestellungen in den Gesprächen diskutiert. Im Außengelände kam das Gespräch schnell von der Ackerkrume zu Themen und Lösungsansätzen rund um globale Fragestellungen wie beispielsweise die Welternährung. Deutlich wurde auch aus dem Gespräch am Feldrand, dass es vornehmlich kein Ernährungs- sondern ein Verteilungsproblem gebe.

Landesbischof Bilz dankte nach den Rundgängen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich für die Gastfreundschaft und ihre Arbeit. „Ich bin beeindruckt von der Kombination einer Landesbehörde mit verlässlichen Informationsstrukturen und aus der Forschung entstehender Innovationen und Weiterentwicklungen im und auf dem Feld“, so der Landesbischof.

Besuch am Nachmittag in der Milchviehanlage

Nach einem Segenswort ging es von Nossen nach Roßwein auf den Hof der Milchviehanlage Kalbhenn in Haßlau. An der 24-Stunden-Milchtankstelle wurde der Landesbischof durch Geschäftsführer Christan Kalbhenn mit einem kräftigen Handschlag begrüßt. Neben den hinzugekommenen Pressevertretern nahmen am Nachmittagstermin noch Superintendent Dr. Sven Petri (Kirchenbezirk Leisnig-Oschatz) und Pfarrer Jörg Matthies teil.

Bei der Führung durch die Ställe und Freiflächen der Milchviehanlage erläuterte Christian Kalbhenn, wie er nach der Wende als junger Landwirt zum Verwalter der ehemaligen LPG wurde und ab 1996 mit Gerhard Gröbner die GbR Haßlau Gröbner/Kalbhenn gründete. Das Zusammenspiel von „alt und jung“ habe nach seiner Aussage über die Jahre gut funktioniert. Erfahrungen der Gesellschafter über die landwirtschaftliche Nutzfläche würden sich von Anbeginn bis zum heutigen Tag ergänzen.

Beim Gang durch die Ställe konnten sich die Besucher vom Wohlergehen der 640 Milchkühe, 44 tragenden Färsen und 190 Kälber (0-6 Monate) überzeugen, während Christian Kalbhenn die Funktionsweisen von Melkroboter und computergestützter Fütterung erklärte. Abzuspüren war dem „Chef der Kühe“, dass ihm das Wohl seiner Tiere nicht allein aus wirtschaftlichem Interesse am Herzen liegt. „Kühe sind Gewohnheitstiere. Ich versuche immer herauszufinden, wie es der Kuh mit dieser oder jener Entscheidung gehen mag, wie sie das beeinflusst.“ Die Kühe danken es mit einer Milchleistung von 21.000 Kilogramm, das seien mehr als 38 Kilogramm je Kuh am Tag, so Kalbhenn.

Er gesteht, Tierhaltung bleibe trotz aller Technisierung eine Herzenssache, nur so könne man den langen Arbeitstag und den nächtlichen Weckruf per App aus dem Stall über Jahre durchhalten. Für seine fünf Mitarbeiter achte Kalbhenn auf verlässliche Arbeitszeiten. Den verdienten Morgenkaffee nehme er für alle mit in den Stall.

Sorgen, so auf Nachfrage des Landesbischofs, mache sich der Landwirt nicht um den Betrieb, sondern zuerst um seine Familie. Dennoch sei das wirtschaftliche Risiko immer präsent. Die Investitionen in Stall und Technik müssen erarbeitet werden, der Aufzuchtpreis von ungefähr 2000 Euro je Kuh müsse sich schließlich rechnen. Da sei der Milchpreis neben allen einzuhaltenden Vorgaben und Verordnungen ein nicht zu unterschätzender Rahmen für den Erfolg der eigentlichen Arbeit im Stall.

Landesbischof Tobias Bilz zieht folgendes Fazit:

„Der Besuch der Milchviehanlage in Haßlau hat mir deutlich vor Augen geführt, in welchem Spannungsfeld sich die Milchproduktion heute bewegt. Die Erzeuger müssen mit der Marktmacht der verarbeitenden Betriebe umgehen. Dadurch besteht ein permanenter Druck, die Kosten zu senken. Ohne Automatisierung und Rationalisierung der Arbeitsabläufe kann ein Milch produzierender Betrieb kaum bestehen.

Zugleich gilt es, das Tierwohl im Blick zu behalten. Das ist einerseits eine ethische Frage. Tiere, die wir für unsere Ernährung nutzen, sind und bleiben Mitgeschöpfe. Andererseits ist die artgerechte Haltung von Tieren auch aus wirtschaftlicher Perspektive sinnvoll. Wenn es Milchkühen gut geht, können sie mehr Milch geben.

Nach meinem Eindruck wirtschaftet Christian Kalbhenn mit hohem persönlichen Einsatz und einem guten Blick auf die ihm anvertrauten Tiere sehr erfolgreich – und das trotz wirklich komplexer Herausforderungen. Er setzt auf Innovation und bedenkt zugleich mit hoher Sachkenntnis, wie er seinen Tieren gerecht werden kann. 

Für mich ist ein Fazit aus diesem Besuch: Wir als Christen sind beim Einkauf und Konsum von Lebensmitteln gefragt! Jede und jeder Einzelne muss sich damit beschäftigen, wie er oder sie ganz persönlich durch das eigene Konsumverhalten artgerechte Tierhaltung, regionale Produzenten und kurze Transportwege unterstützen kann. Verbraucherinnen und Verbraucher haben Einfluss und diesen Einfluss sollten wir nutzen. Da sehe ich uns Christen in einer ganz besonderen Verantwortung.“

Besuch in den Anlagen der LfULG in Nossen innen und außen
Besuch auf dem Hof der Milchviehanlage Kalbhenn in Haßlau
Kontaktaufnahme mit klein-schwarz-bunt im Kälbchenstall
Gespräch mit Geschäftsführer Christan Kalbhenn
Blicke vor und zurück auf den Tag in der Landwirtschaft

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