
Aufarbeitung
Kinder, Jugendliche und Erwachsene haben ein Recht auf Schutz vor allen Formen sexualisierter Gewalt. Die Landeskirche Sachsens verurteilt nicht nur jede Form sexualisierter Gewalt, sondern stellt sich aktiv ihrer Verantwortung als Arbeitgeberin und Trägerin kirchlicher Einrichtungen. Diesem Anliegen gelten die verbindlichen Maßnahmen der Prävention, Intervention und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt.
Bereich
ForuM-Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland
Ein Forschungsverbund unabhängig und interdisziplinär agierender Wissenschaftler verschiedener Universitäten und anderer Forschungseinrichtungen untersucht gegenwärtig im Auftrag der EKD sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche und Diakonie. Fälle sexualisierter Gewalt in der Ev.-Luth. Landeskirche fließen an verschiedenen Stellen in die Arbeit des Forschungsverbundes ForuM ein und werden eingehend analysiert. Im Rahmen mehrerer Teilprojekte wird das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet und versucht, aus den Erkenntnissen der Vergangenheit über systemische und organisationale Faktoren in der evangelischen Kirche, die gegebenenfalls sexualisierte Gewalt ermöglichten oder auch verhinderten, sowie über den innerkirchlichen Umgang mit entsprechenden Fällen Schlüsse für die zukünftige Präventionsarbeit zu ziehen. Dabei werden insbesondere die Perspektiven Betroffener explizit einbezogen. Als Betroffene von sexualisierter Gewalt können auch Sie als Interviewpartner*innen zum Erfolg der Studie beitragen. Die Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens ist bestrebt, die Projekte bestmöglich zu unterstützen.
Nähere Informationen finden Sie unter Forum Studie (forum-studie.de).
Aufarbeitung zu den Übergriffen in der Kirchgemeinde Pobershau
Die Aufarbeitungskommission Pobershau bearbeitet Vorfälle sexualisierter Gewalt in Pobershau in den 1990er Jahren, die 2019 erstmals öffentlich bekannt wurden. Das Feststellen des Ausmaßes der Vorfälle, die Klärung der Verantwortlichkeiten, die Aufdeckung begünstigender Strukturen, das Aufzeigen der Folgen sexualisierter Gewalt für die Betroffenen sowie die Aufstellung von Empfehlungen gehören zu den Aufträgen der Unabhängigen Aufarbeitungskommission Pobershau.
Bereich
Vorstellung des Abschlussberichts zu Fällen sexualisierter Gewalt
Der Abschlussbericht der Unabhängigen Aufarbeitungskommission Pobershau (UAKP) wurde im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens (EVLKS) am Dienstag, 27. Juni 2023, 19 Uhr in der Silberscheune Pobershau vorgestellt. Unter der Moderation von Martina de Maizière waren Mitglieder der UAKP, des Kirchenvorstands der Kirchgemeinde Kühnhaide-Pobershau, des Kirchenbezirks Marienberg und Landesbischof Tobias Bilz beteiligt und es bestand die Möglichkeit für Fragen und Austausch.
Die UAKP wurde Anfang 2022 von der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, dem Kirchenbezirk Marienberg und der Kirchgemeinde Kühnhaide Pobershau beauftragt. Sie bearbeitet Vorfälle sexualisierter Gewalt in Pobershau in den 1990er Jahren, die 2019 erstmals öffentlich bekannt wurden. Das Feststellen des Ausmaßes der Vorfälle, die Klärung der Verantwortlichkeiten, die Aufdeckung begünstigender Strukturen, das Aufzeigen der Folgen sexualisierter Gewalt für die Betroffenen sowie die Aufstellung von Empfehlungen gehören zu den Aufträgen der UAKP.
Aufarbeitung der Taten von Kurt Ströer
Die Aufarbeitung der Taten von Kurt Stöer erfolgen durch die Arbeit des Forschungsverbundes ForuM (siehe oben). Darüber hinaus hat die Landeskirche eine Arbeitsgruppe berufen zur:
Theologischen Aufarbeitung des Handelns von Kurt Ströer
Hinsichtlich der theologischen Aufarbeitung des Handelns von Kurt Ströer, die auch auf Anregung verschiedener Betroffener geplant wird, wurde eine Arbeitsgruppe gegründet.
Dieser gehören folgende Personen an:
- Prof. Dr. Roland Biewald (TU Dresden, Philosophische Fakultät, lnstitut für Evangelische Theologie),
- Prof. Dr. Veronika- Albrecht-Birkner (Universität Siegen, Philosophische Fakultät, Theologisches Seminar)
- Prof. Dr. Peter Zimmerling (Universität Leipzig, Theologische Fakultät)
Ziele für die Arbeitsgruppe Aufarbeitung
- Differenzierte Einsichten gewinnen hinsichtlich der Frage, ob die Missbrauchsfälle durch die Frömmigkeit Kurt Ströers und die spezifische Ausbildung, die er genossen hat ursächlich ausgelöst worden sind oder ob es psychologisch zu bewertende Ursachen in der Persönlichkeit gewesen sind, die den Missbrauch verursacht haben. Gegebenenfalls müsste die Expertise einer Psychologin/eines Psychologen eingeholt werden.
- Theologische Fragen klären bezüglich der Dämonologie, der Beichte (insbesondere der Kinderbeichte) und der Absolution unter Handauflegung (Körperkontakt). Diese Sachverhalte sind einerseits im zeitgeschichtlichen Kontext, in dem Kurt Ströer wirkte und andererseits spezifisch bezogen auf seine Person, Frömmigkeit und Berufsausübung zu betrachten. Der zeitgeschichtlich-politische Kontext des kirchlichen Dienstes in der DDR der 1970er und 1980er Jahre ist generell angemessen zu berücksichtigen.
- Im Kontext der in dieser Zeit in der sächsischen Landeskirche vorfindlichen Frömmigkeitsrichtungen und -bewegungen ist danach zu fragen, ob die spezifische Frömmigkeit Kurt Ströers, die Taten begünstigt oder gar ermöglicht hat.
- Das Verhältnis von Seelsorge und Machtausübung thematisieren. Dafür gibt es eine sehr gute Grundlage in dem Aufsatz von Markus Schmidt (Missbrauch zwischen Frömmigkeit, Macht und Kommunikation). In diesem Zusammenhang ist auch danach zu fragen, ob Kurt Ströer sektenähnliche Strukturen in seinem Dienst aufgebaut und/oder genutzt hat.
- Die Frage erwägen, ob Homosexualität und ein damit in Verbindung gesetztes Bewusstsein gravierender eigener Sündhaftigkeit eine Rolle im Dienst Kurt Ströers gespielt haben. Zu berücksichtigen ist dabei der Umgang mit sexueller Diversität im damaligen gesellschaftlichen und kirchlichen Kontext.
- Nach Ursachen in der Dienst- und Fachaufsicht gegenüber Kurt Ströer fragen: Welche Voraussetzungen haben dazu beigetragen, die Fälle nicht zu verhindern? Gab es verstärkende Faktoren?
- Nach etwaigen begünstigenden Faktoren in der Ausbildung Kurt Ströers suchen. Das soll in Kommunikation mit der Moritzburger Aufarbeitungsgruppe (Prof. Knittel) geschehen. Im Anschluss daran ist zu prüfen, welche Veränderungen in den Ausbildungskonzeptionen für verschiedene kirchliche Dienste im Haupt- und Ehrenamt (insbesondere Verkündigungsdienste in Pfarramt, Gemeindepädagogik und Kirchenmusik) zwischen der der Zeit der Missbrauchsfälle und heute vorgenommen wurden, um heutigen Anforderungen an Professionalisierung und Prävention gerecht zu werden.
- Aufzeigen von Notwendigkeiten und Möglichkeiten der Missbrauchsprävention mit Bezug auf bereits erarbeitete Handreichungen in der Landeskirche.
Die in Briefen, Veröffentlichungen und Gesprächen gestellten Fragen Betroffener sollen in die Arbeit einbezogen werden.
Bereich
Anregungen zur Bewältigung von Missbrauchserfahrungen (EKD)
Bei (Verdachts-) Fällen sexualisierter Gewalt sind neben den Opfern, die direkt von Gewalt betroffen sind, auch Zerwürfnisse im Team, in der Kirchgemeinde, in Familien zu beobachten.
Diese Arbeitshilfe soll dabei unterstützen, einen Vorfall sexualisierter Gewalt zu bewältigen. Sie zeigt auf, welche Prozesse für Kirchengemeinden und Einrichtungen empfehlenswert sind, um die Geschehnisse aufzuarbeiten und als Institution wieder zu „gesunden“.
- Unsagbares Sagbar machen (Broschüre)